Home » Neustart nach der Krise [Gastbeitrag von Martin Steidl, Experte für Unternehmenssanierung]
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13.05.2020 | EIM Gastbeitrag
von Martin Steidl

Das Starten wieder neu lernen – ein Gedankenexperiment zur Unternehmenssanierung

EIM Vorwort: Seien wir ehrlich: Wir wussten es zwar besser, aber hofften, wir hätten noch Zeit. Zeit für die Diversifikation der Beschaffungsquellen und die Optimierung des Supply Chain Managements mit digitalen Tools, Zeit für das Überarbeiten des Geschäftsmodells, Zeit für die Kooperation mit Startups zur Entwicklung von Innovationen (z.B. im Bereich IoT), Zeit für die Automatisierung.

Jetzt sorgt Corona für eine neue Dringlichkeit. Noch herrscht kein Normalbetrieb, noch drohen überfällige Modernisierungen nicht wieder im Tagesgeschäft unterzugehen. Nutzen Sie daher die Gelegenheit und verschaffen Sie sich einen Vorsprung mit den EIM Krisenmanagement Service Packages.

Fällt der Startschuss nach der Krise, beginnen viele Unternehmen das Rennen um die Gunst ihrer Kunden von vorn. Auf heute noch weitestgehend unbekanntem Terrain mit vielen Baustellen gilt es dann, mit den passenden Alleinstellungsmerkmalen zu überzeugen. Klingt nach Startup? In der Tat wissen diese am besten, wie man startet. Etablierte Betriebe – besonders im industriellen Mittelstand – können davon für ihren eigenen Neustart lernen.

Die Situation mittelständischer Unternehmen mag mit der von Startups zeitweise vergleichbar sein, doch vergleichbar heißt nicht gleich!

Über diesen Vergleich und über die daraus folgenden, notwendigen Aktivitäten möchte unser Gastautor Martin Steidl, renommierter Experte für Unternehmenssanierung, gemeinsam mit Ihnen nachdenken. An Ihrem Feedback ist ihm sehr gelegen! EIM und Martin Steidl werden Ihre Kommentare garantiert beantworten.

Die vorhandenen Ressourcen in der Krise richtig bewerten

Die vorhandenen Ressourcen in der Krise richtig bewerten

Im ersten Schritt gilt es, die Gegebenheiten zu analysieren. Ihre Assets sind ja nicht verloren. Sie müssen nun nur teilweise im neuen Licht – unter veränderten Bedingungen – bewertet werden. Als Unternehmer sind Sie bereits in der Selbstdisziplin geübt, das zu tun, was nötig ist – nicht was wünschenswert wäre. Hingegen gerät manchmal aufgrund jahrelanger Alltagsroutinen in Vergessenheit, dass diese Bewertung stets neu, situationsspezifisch vorzunehmen ist. Als Anregung hierfür hilft es, in Gedanken einmal alles auf den Kopf zu stellen: Was würden Sie tun, wenn Sie Ihre Firma jetzt gerade neu gegründet hätten? Was wäre einfacher? Welche aktuell hilfreichen Voraussetzungen würden Sie dann vermissen? Die so entstehende Kontrastfolie hebt die in der aktuellen Situation relevanten Vorteile sowie „Baustellen“ Ihres Unternehmens noch deutlicher hervor. So finden Sie neue Wege zur Unternehmenssanierung.

Geld

Der Geldbetrag, den ein Startup zur Aufnahme seiner Geschäftstätigkeit aufbringen muss, ist sicher deutlich geringer als die Beträge, die ein etabliertes Unternehmen benötigt, um nach dem verordneten Lockdown seine Prozessketten wieder anlaufen zu lassen. Im letzteren Fall gehe ich davon aus, dass die Hilfsgelder fließen werden und dass viele Kredite mit einer staatlichen Garantie von 100 % hinterlegt werden – damit wäre die Genehmigung immer noch eine Sache von Bund, Ländern, Kreisen und Gemeinden, das eigentliche Kreditgeschäft liefe problemlos zwischen Banken und Unternehmen.

Mein Fazit: Die Unternehmen müssen alles daransetzen, die krisenbedingten Ausfälle möglichst genau und schnell abzuschätzen und die entsprechenden Anträge einzureichen, damit die Liquidität zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung steht.

Infrastruktur

Im Gegensatz zur Ausgangslage eines Startups, das seine Infrastruktur über Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Steuer- und andere Berater bis hin zur IHK, zu Verbänden und zu Kooperationspartnern erst aufbauen muss, steht die Infrastruktur in einem Unternehmen, das in die Corona-Krise hineingerutscht ist, bereits seit vielen Jahren. Entscheidend ist für das Unternehmen jetzt, diese Infrastruktur regelmäßig über alle relevanten Interna, z. B. strategische oder operative Änderungen des Geschäftsmodells, zu informieren.

Mein Fazit: Die Unternehmen müssen mit ihren Partnern im Netzwerk ständig in Verbindung sein, müssen sich ständig austauschen, müssen Impulse für neue Schwerpunkte aufnehmen, müssen ihr Netzwerk auf die zukünftigen Aufgaben hin ausrichten.

Wissen

Das Wissen im unmittelbaren Zielgebiet der Geschäftsidee, das ein Startup noch aufbauen oder erwerben muss, ist bei einem Unternehmen mit einer länger währenden Historie schon vorhanden. Dieses Wissen bleibt jedoch nur erhalten, wenn es während einer erzwungenen Periode des Lockdowns theoretisch in Schwung gehalten wird. Im Gegensatz zu Räumlichkeiten darf an diesem Gut nicht der Rotstift angesetzt werden im Rahmen einer Unternehmenssanierung. Ansonsten steht es schlecht um die Wettbewerbsfähigkeit nach der Krise.

Mein Fazit: Während des Stillstands der Unternehmens-aktivitäten muss in den Unternehmen darauf geachtet werden, dass das für die Zukunft erforderliche Wissen erweitert und gefestigt wird.

Raum

Ein Startup braucht für den Beginn Räumlichkeiten, in denen die beginnenden Geschäftsprozesse – Wertschöpfung, Management und Verwaltung – in einer geordneten Weise aufgebaut und in der Praxis erprobt werden können. Diese Räume hat ein etabliertes Unternehmen schon. Es muss sich allerdings fragen, ob diese Räume – in Größe, Anzahl und Einrichtung – nach der Krise und nach einer möglichen Veränderung des Geschäftsmodells unverändert notwendig sein werden. Dieser Denkprozess kann unter Umständen schmerzlich sein!

Mein Fazit: Wenn sich das Geschäftsmodell durch die Krise ändert, und wenn das Unternehmen nach der Krise verändert auftreten muss, um in seinem Markt Platz und Chance zu haben, dann muss die Frage gestellt und beantwortet werden: wie muss es sich räumlich aufstellen?

„Was Sie hierher gebracht hat, wird Sie nicht weiterbringen“

„Was Sie hierher gebracht hat, wird Sie nicht weiterbringen“

So lautet der Titel eines Ratgebers von Marshall Goldsmith. Strategien, die bisher Ihren Erfolg gesichert haben, schaden Ihnen in der jetzigen Situation womöglich sogar. Sie verzeichnen hohe Verluste in einer Sparte? Widerstehen Sie dem Reflex, den Erfolg wiederherstellen und zur Normalität zurückkehren zu wollen, indem Sie das Geld speziell in diesem Bereich auf gewohnte Weise „zurückzuverdienen“ versuchen. Andere oder neue Bereiche können die Verluste ggfs. effizienter ausgleichen. Alte Denk- und Handlungsmuster müssen folglich hinterfragt werden für eine erfolgreiche Unternehmenssanierung. Dabei helfen unbefangene, externe Manager, die Erfahrungen aus anderen Branchen, Ländern und Unternehmen mitbringen. Doch auch Gedankenexperimente wie der nachfolgende Vergleich mit Startups ermöglichen es, wieder einen frischeren, objektiveren Blick auf Ihr Unternehmen zu werfen.

Tragfähigkeit der Geschäftsidee

Um mit einem Startup ins Geschäftsleben eintreten zu können, muss die Geschäftsidee vor den kritischen Augen der Investoren Bestand haben. Daran wird im Vorfeld der Finanzierung intensiv gearbeitet. Etablierte Unternehmen haben eine oder mehrere Geschäftsideen, häufig erzielen sie hohe Umsätze und positive Ergebnisse auf Feldern, die mit der ursprünglichen Geschäftsidee nicht mehr viel zu tun haben. Aber der Erfolg scheint ihnen Recht zu geben!

Mein Fazit: Der Lockdown gibt den Unternehmen eine Gelegenheit, ihre Geschäftsideen auf den Prüfstand zu stellen und sie unter dem Blickwinkel der Tragfähigkeit und Nachhaltigkeit kritisch zu analysieren. Außerdem muss man die Frage stellen und beantworten, ob man nach der Krise wieder „in voller Breite“ starten will oder eher das System „Geleitzug“ vorzieht: beginnend mit den sicheren Geschäften und fortschreitend zu höheren Risiken.

Markttest vor Beginn

Im Fall von Startups können Geschäftsideen völlig neu und innovativ oder schon in ähnlicher Form bewährt sein. Erfolgschancen können hier v.a. anhand externer Indikatoren geschätzt werden. Bei etablierten Unternehmen kann aus der Umsatz- und Ergebnisentwicklung der jüngeren Vergangenheit abgeleitet werden, welche Geschäftsfelder, Produktgruppen oder Produkte das Unternehmen nach vorne gebracht haben, bei welchen das Unternehmen lediglich „Geld gewechselt“ hat und welche regelmäßig zu Verlusten und zum Abfluss von liquiden Mitteln geführt haben.

Mein Fazit: Der Neustart nach dem Lockdown ist eine gute Möglichkeit, sich von Verlustbringern zu trennen und die dadurch freiwerdenden Ressourcen für die Forcierung der Marktstellung der Geschäftsfelder, Produktgruppen oder Produkte zu nutzen, die zum zukünftigen Erfolg beitragen können.

Übernahme von Handlungsverantwortung

Es geht gerade bei der Gründung von Unternehmen um diejenigen Mitarbeiter/innen, die anpacken, die etwas machen und bewirken wollen. Auch die Zwangspause eines Lockdowns muss in etablierten Unternehmen dafür genutzt werden, zu analysieren, ob die veränderten Anforderungen eines Neustarts Ergänzungen in den Schlüssel- und Führungsfunktionen erfordern. Souveräne Manager wissen: Für jede Situation gibt es die passenden Experten, die vergleichbare Herausforderungen bereits in der Vergangenheit erfolgreich gemeistert haben. Nicht jedes Kompetenzprofil ist dauerhaft gleichermaßen gefragt, doch durch das Zusammenspiel von permanenten internen und flexiblen externen Führungskräften ist die Abdeckung sämtlicher Anforderungen stets sichergestellt – sogar in Ausnahmesituationen wie einer Unternehmenssanierung. Das ist die beste Voraussetzung dafür, dass die Fähigkeiten der internen Angestellten auch übermorgen noch weiterhin gefragt sind.

Mein Fazit: Der Lockdown ist die Pause, die man nutzen kann, das Management-Team im Hinblick auf Persönlichkeit, Fachkompetenz, Sozialkompetenz und Führungskompetenz auf die neuen Anforderungen vorzubereiten. Falls Neubesetzungen erforderlich sind, kann man diese zum Teil noch vor dem Neustart durchführen.

Flexibilität der Struktur

Die endgültige Ausgestaltung eines Produkts oder einer Dienstleistung wird erst längere Zeit nach der Markteinführung klar. Hier ist ein Startup vielfach auf die – im Zweifel teure – Methode „Versuch und Irrtum“ angewiesen. Im Gegensatz dazu hat ein etabliertes Unternehmen im Laufe seines Bestehens genügend Erfahrung damit gesammelt, wie seine Produkte und Dienstleistungen von den Kunden wahrgenommen werden. Möglicherweise bestehen seit Längerem Kundenwünsche nach Veränderungen hinsichtlich Funktion oder Form.

Mein Fazit: Der Neustart ist eine gute Möglichkeit, bewährte Produkte unverändert an den Markt zu bringen und Produkte, die sich in der Diskussion mit den Kunden befinden, entweder gezielt zu überarbeiten oder aus dem Angebot zu nehmen. Bei nachhaltiger Reduzierung des Produktspektrums muss im gleichen Zug daran gedacht werden, die Kapazitäten entsprechend anzupassen, d. h. Räumlichkeiten abmieten, Lieferantenverträge neu verhandeln, Kunden informieren, und Personalreduzierungen planen und umsetzen.

Minimierung des Risikos

Gerade beim Neustart nach einer Krise erscheint es nicht sinnvoll, alles auf eine Karte zu setzen. Diese Möglichkeit haben Startups nicht, die häufig mit nur einer Produkt- oder Serviceidee in den Markt starten. Wie schon zur Flexibilität der Struktur geschrieben, kann ein etabliertes Unternehmen auf ein bereits vor dem Lockdown differenziertes Produkt- und Serviceprogramm blicken. Es geht nun darum, mit Produkten und Dienstleistungen den Neustart zu wagen, die im Hinblick auf Umsatz und Ertrag eine „sichere Bank“ gewesen sind und zukünftig sein können.

Mein Fazit: Hier hat sich – wie auch bei Unternehmen in bestandsgefährdenden Krisen – das „Geleitzugmodell“ als sinnvoll erwiesen. Demnach werden unter sorgfältiger Beobachtung und mittels regelmäßigen Nachjustierens Produkte und Dienstleitungen wieder in den Markt eingeführt – mit der Möglichkeit, schnell bei negativer Marktreaktion umzusteuern.

Austausch innerhalb der Branche

Bei Startups ist es von jeher üblich, sich untereinander – auch branchen- oder anwendungsübergreifend – regelmäßig auszutauschen. Diese Möglichkeit haben auch etablierte Unternehmen: Beispielsweise bietet Ihnen EIM diesen unverbindlichen Austausch an – auch unter Einbezug von krisenerprobten Interim Managern. Dank der Tätigkeit als „global firm“ mit über 30.000 Managern, eingesetzt in diversen Unternehmen und Branchen rund um die Welt, können EIM Partner frühzeitig berichten, welche Antworten der Markt auf die Corona-Krise in Ihrer Branche findet. Mehr Informationen dazu erhalten Sie hier.

Mein Fazit: Gerade in der aktuellen Phase, in der sowohl Zeitpunkt als auch Chance des Neustarts eher vage sind, ist es für das Unternehmen lebenswichtig, alle für den „Weg zurück in die Normalität“ relevanten Informationen zu erhalten – da hilft nur fortwährende Kommunikation!

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